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Januar 2014

„Männer zeigen Filme und Frauen ihre Brüste“
MÄNNER ZEIGEN FILME
gewinnt auf Max-Ophüls-Preis den „Preis für den gesellschaftlich relevanten Film“ & den „Preis Der Jugendjury“.
 http://www.max-ophuels-preis.de/de/programm/die_preistraeger
 Begründung der Jury:
„Frauen in Führungspositionen sind eine ebenso rare Gattung wie weibliche Regisseurinnen im Wettbewerb des Filmfests Cannes oder männliche Synchronschwimmer. Der Film von Isabell Šuba und ihren hervorragenden Darstellern und Darstellerinnen fragt auf unkonventionelle, spielerische Art und Weise nach neuen – weiblichen – Vorbildern.“

 

Plutos Premiere 18.1. , weitere Vorstellung 22./24.1.
„In die Gegenwartsbezogenheit der Inszenierung fügt sich die hitzige, als TV-Talkshow daherkommende Diskussion, in der Penia (Julia Glasewald), die Göttin der Armut, vor den Folgen warnt: Niemand mehr würde arbeiten gehen, sich künstlerisch oder wissenschaftlich betätigen, wenn alle reich wären. Neben Derendeli ragt Glasewald darstellerisch besonders heraus. Sie verkörpert Penia schlagfertig, mit großer schauspielerischer Hingabe.“
Gießener Allgemeine
„Doch zurück zur schauspielerischen Leistung und zu Julia Glasewald unter anderem als jähzornige Göttin der Armut Penia. Dominant, streitlustig legt sie sich praktisch mit dem gesamten Bühnenpersonal an, um am Ende den Kürzeren zu ziehen.“
Gießener Anzeiger

Theater der Zeit schreibt im Dezember über „Kohlhaas“
23./25./30 Januar
Verflixte Rappen
HESSISCHES LANDESTHEATER MARBURG:
„Michael Kohlhaas“ nach Heinrich von Kleist in einer Bühnenfassung von Matthias Faltz und Alexander LeiffheidtMartin Luther selbst griff, wie man weiß, in den 1530er Jahren erst mit einem flammen- den Friedensappell an Kohlhaas, dann durch Aushandlung einer Amnestie für ihn in das Geschehen um die Rappen ein, die dem Titel- helden beim Grenzübertritt willkürlich abge- knöpft und durch Feldarbeit ruiniert worden waren. Kleist hatte die Geschichte um den Rosshändler, der eher gegen Fürst und Reich zieht, als ein Unrecht zu dulden, „aus einer alten Chronik“, deren Überlieferung er um ei- nen romantischen Schluss mit weissagender Zigeunerin und drohendem Unheil für den Kurfürsten erweiterte.

Atemlos abrollende Ereignissketten – Matthias Faltz bringt „Michael Kohlhaas” (hier mit Julia Glasewald, Tobias M. Walter) auf die Bühne der St. Martin-Kirche.

Foto Christian Buseck
Regisseur Faltz gibt der Handlung ein modernes Gewand. Stefanie Linigers Ausstattung füllt die Spielfläche mit einer Anzahl leichter, papierbespannter Wände, die, angewinkelt und auch besteigbar, zwischen Auftritten und Lichtwechseln immer mal verrückt werden, um für Haus, Palast, Zinnen oder Landschaft zu stehen. Die verflixten Rappen sind als Ge- sangschor mit Pferdekopfmasken aus demsel- ben papierartigen Material unentwegt präsent. Die Darstellerkostüme deuten teils histori- sches Flair an, wenn der Junker Wenzel von Tronka etwa zu pinkfarbenen Hosen ein Leder- wams trägt oder der Kurfürst einen blassgrau- en Gehrock späterer Zeiten. Kohlhaas steht, geht und ballt die Fäuste in einem braunen Anzug und Schuhen nebst olivfarbenem Hemd von heute, derweil seine Frau Lisbeth ihr eidot- terfarbenes Kleidchen zu Damenschuhen in Pink aufträgt und andere Männer der Macht dekadenten Playboys, wenn nicht gar einer Beckett-Figur wie Pozzo ähneln.Zeitlos stilisierte Moderne also. Dazu passt auch, wie Faltz den Ablauf regelmäßig und heftig mit Orgel- und Trommelmusik (Uwe Maibaum, Olaf Pyras) strukturiert und dramatisch zuspitzt, während die apodik- tisch-unpsychologische Diktion der Schau- spieler, die mehrere widerstreitende Rollen spielen, ans Lehrstückmodell Brechts denken lässt. Bis auf Kohlhaas (Tobias M. Walter), der durch eine gewisse Ähnlichkeit und seine sparsam-insistente Mimik an Willem Dafoe erinnert, spielen alle Darsteller (Thomas Streibig, Artur Molin, Julia Glasewald, Thomas Huth) zwei bis fünf Rollen.Der Clou der Inszenierung ist indes die Wahl der Spielstätte. Außer der Hauptbühne (im Chor) gehören dazu noch die Orgelempore im Rücken der Zuschauer, eine Treppe als erhöhte Kanzel und weitere Orte in der Lutheri- schen Pfarrkirche St. Marien. Ist die Erzählung zwischen Sachsen, Brandenburg, Berlin und Wien verortet (Kohlhaas verwüstet Wittenberg, der Kaiser in Wien entscheidet den Rechts- streit), so trägt die älteste Pfarrkirche (und Fürs- tengrablege) Marburgs mehr bei als nur ihre trutzig-gotische Architektur in Hanglage. Der Ortszauber der Adresse Lutherischer Kirchhof 1 gründet mit Blick auf „Kohlhaas“ darauf, dass der reale Luther drei Jahre vor der Kohlhaas- Handlung an den scheiternden Klärungsgesprä- chen der Lutheraner und Reformierten in Mar- burg teilnahm und Stadt wie Universität bis heute protestantisch geprägt sind.

Faltz’ Regie glückt es wirkungsvoll, die atemlos abrollende Ereigniskette der Erzäh- lung ebenso geradlinig und doch symbolisch überhöht auf die Kirchenbühne zu bringen. Wenn sein Kohlhaas „Hört mich an!“ in den hallenden Bau ruft, spiegelt es auch die Luther-Zeit mit dessen „Hier stehe ich“ wider. Droben auf der Empore beschwören zusätz- lich Großbuchstaben den Namen des Refor- mators. Obwohl neben Chören und Musik Dialoge stattfinden, haben sie – eingebettet ins schmetternde Orgeltosen – etwas Über- individuelles und führen konsequent zur äu- ßersten Zuspitzung, wenn der vom Hunderts- ten ins Tausendste verirrte Rosshändler, der sich bei Kleist zum Erzengel Michael erklärt, die abstrakte Idee der Gerechtigkeit erneuern darf. Denn natürlich nimmt die Klage von Kleists Kohlhaas über die „gebrechliche Einrichtung der Welt“ und die Bosheit im (Rechts-)System bei Faltz’ Kohlhaas ganz an- dere und allgemeinere, doch ungebrochen zeit- und sittenkritische Bedeutung an. //
Marcus Hladek

 

marburger esxpress nr 1 2014

 

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