Samstag, den 27. Januar 2018, 19.30 Uhr, Theater Marburg, Premiere „Die Gerechten“ von Albert Camus, Regie Marc Becker
So außergewöhnlich manche der in diesem Stück gezeigten Situationen wirken mögen, so sind sie doch historisch. Das soll nicht heißen, “Die Gerechten” wären ein historisches Stück, das wird man feststellen können. Doch alle Figuren haben tatsächlich gelebt und haben gehandelt, wie ich es zeige. Ich habe nur versucht, wahrscheinlich zu machen, was bereits wahr ist. (Albert Camus)
Eine Terrorzelle in Moskau, 1905: Mitglieder der Partei der Sozialrevolutionäre planen ein Bombenattentat auf den Großfürsten Sergej, den Onkel des Zaren. Ihr Ziel ist die Befreiung des Volkes von der Tyrannei des Zarenregimes. Janek Kaljajew soll die Kutsche des Großfürsten in die Luft sprengen. Doch darin sitzen auch dessen Nichte und Neffe. Die Anwesenheit der Kinder lässt Janek zögern und er verzichtet auf den Anschlag. Zwischen den Revolutionären entbrennt eine Debatte darüber, wie weit der Einsatz von Gewalt im Kampf um Gerechtigkeit gehen darf. Stepan, der nach Folter und Flucht voller Hass ist, würde sogar Kinder für die “gerechte Sache” opfern. Ihm stehen die Liebenden Janek und Dora mit ihrem Glauben an eine humane Gerechtigkeit gegenüber. Beim zweiten Versuch gelingt das Attentat. Janek wird festgenommen. Die Witwe des Großfürsten möchte ihn zur Reue bekehren, doch er besteht darauf, dass der Großfürst durch eine Idee getötet worden ist. Wenig später wird er hingerichtet.
Der französische Autor und Philosoph Albert Camus reflektiert in diesem Drama die ethischen Grundsätze gewaltsamen Widerstands. Er schreibt in Bezug auf den historischen Fall: Seitdem hat man Fortschritte gemacht, gewiss, und der Hass, der wie ein unerträgliches Leid auf diesen Seelen lastete, ist zu einem bequemen System geworden. Ein Grund mehr, diese großen Schatten heraufzubeschwören, ihre berechtigte Revolte, ihre komplizierte Brüderlichkeit, die maßlosen Anstrengungen, die sie unternahmen, um sich mit dem Mord zu versöhnen – en Grund mehr auszudrücken, wie unsere Treue ihnen gegenüber beschaffen ist.
Hans Magnus Enzensberger resümiert 1976 in einem Nachwort zu dem Werk: Das Beispiel Kaljajews wird eine jede künftige Herrschaft bedrohen, die sich auf die Leiden der Beherrschten gründet. Ein solcher Träumer, ein Unbekannter in der Menge ist genug, um alle Machthaber dieser Erde in Schrecken zu versetzen.